Schwanger mit Zwillingen – Papa Metin erzählt (3/3)
Wie aufregend! Da waren sie die zwei – plötzlich neu in unserem Leben! Der ganzen Welt wollte ich es am liebsten sagen und sie allen zeigen. Doch haben wir schnell gemerkt, wie gut die beschränkten Besucherzutritte aufgrund der Corona-Regelungen waren.
Eine Woche im Spital
Im Spital klopft es ab 07:30 Uhr gefühlt alle 15 Minuten an der Tür: Ärzte, Pflege, Hebamme, Stillberatung, Hotellerie und Reinigungspersonal kommen vorbei. Sie helfen die Kinder wickeln, füttern und umsorgen, verabreichen Jacky bei Bedarf Medis, machen Blutentnahmen oder füllen benötigtes Material auf und erinnern daran mal frische Luft ins Zimmer zu lassen.
Die übrige und wertvolle erste Zeit als Familie, gilt es in vollen Zügen zu geniessen und zu dokumentieren. Denn das Erinnerungsvermögen ist vor Glückshormonen, Schlaflosigkeit und Erleichterung regelrecht durchtränkt und verschwommen.
Sich auch noch um Besuch zu kümmern, wäre einfach zu viel gewesen.
Jacky lag eine Woche im Wochenbett im Spital. Und da die Kids ein gutes Stück früher gekommen sind, konnte ich mich auch nicht einfach in die Elternzeit verabschieden.
In meiner Rolle als Geschäftsführer war ich also weiterhin sehr in der Arbeit involviert und bin dann nachmittags ins Krankenhaus und habe meine neue Familie besucht und bin so lange geblieben, wie ich durfte (ca. bis 23:00 Uhr). Erst dann bin ich wieder nach Hause und das dann so die ganze Woche. An manche Meetings, auch wenn sie erfolgreich verliefen, kann ich mich nicht mehr so ganz erinnern.
An was ich mich aber erinnern kann: Skin-to-Skin Time, das Wickeln lernen, das Ergattern von Tipps und Tricks von den Hebammen und vor allem zu sehen, dass die beiden Jungs schon jetzt eigene charakteristische Züge haben.
Fun Fact: Oxytocin ist ein Hormon, dessen Hauptfunktion es ist, die Geburt zu “erleichtern”. Dieses Hormon wird aber nicht nur bei der Geburt ausgelöst sondern auch, wenn wir uns verlieben oder Liebe verspüren. Deshalb wird das Hormon auch gerne als “Liebeshormon” oder “Kuschelhormon” bezeichnet. Jacky und ich waren also voll davon und entsprechend auf rosa Wölkchen unterwegs. Rationale Gespräche führen oder wichtige Entscheidungen treffen sollte man dabei nicht.
Ausserhalb des Spitals war ich damit beschäftigt, die letzten Vorbereitungen für die Kids zu treffen. Autositze montieren, die Bettchen ready machen, für Jacky alles machen (Kissen, Snacks etc. bereitstellen).
Das Hin-und-Her und ca. 20 Std. Tage waren ein wenig anstrengend. Ein guter Geschenktipp für frischgebackene Väter: Taxiservice oder sonst ein Abholdienst.
Ich konnte meine Projekte abgeben, die Kunden informieren und dann konnte ich in die Elternzeit. Ein Monat fast nur Jacky und die Kids. YAY!
Tipp 1: Wer Wickelprofi werden möchte unbedingt im Spital üben. Die Hebammen geben wertvolle Tipps und Tricks und gehen einem zur Hand, wenn es Mal wortwörtlich in die Hosen geht.
Tipp 2: Ärzte, Hebammen, Pflege – alle sind superspeditiv. Ihre Lieblingsfrage ist „Haben Sie noch Fragen?“. Die ist ziemlich tricky denn: man weiss ja nicht, was man nicht weiss. Und in der Situation spielen Gefühle Achterbahn und das Gehirn ist von Glückshormonen benebelt. Deshalb einfach die Frage zurückspielen:
- Gibt es etwas, dass Sie noch wichtig finden?
- Etwas mitgeben möchten?
- Andere frische Eltern Sie gefragt haben und wir nicht?
- Sie sonst häufig gefragt werden?
- Sie selbst als wertvollen Tipp empfinden?
Hilft mega.
Zwei neue Mitbewohner
Wir verlassen gemeinsam das Krankenhaus. Zu viert! Was für ein Gefühl. Jetzt darf ich meine Familie endlich mit nach Hause nehmen.
Wir haben die Babies ins Auto gesetzt und dann sind wir los. Im Rückspiegel habe ich die Babyschalen gesehen – ganz neuer Anblick.
Nach einer Weile haben sie Geräusche von sich gegeben. Geräusche, die ich bisher nie im Auto gehört habe. Wow dachte ich. Wir haben unsere Babies auf dem Rücksitz.
Zuhause angekommen sind wir mit den Babies in die Wohnung. Das war sehr speziell – ich war super happy, dass sie endlich Zuhause waren, aber auch ein wenig unsicher denn die Frage “und jetzt?” ist mir aufgepoppt.
Und jetzt haben wir zwei neue Mitbewohner und wir werden uns alle erstmal kennenlernen.
Die erste Nacht war sehr aufregend und schlaflos. Es waren ungewohnte neue Geräusche im Zimmer. Die Kleinen knorzten munter vor sich hin und wir standen praktisch jedes Mal besorgt auf. “Ist das cool, wenn sie das so machen?”, “Haben sie Schmerzen oder sowas?”, “Gegessen haben sie ja eben gerade, oder sind sie doch wieder hungrig?”… Fragen über Fragen.
Interessant war zu sehen, dass sie gerne nebeneinander schlafen. Wir hatten für sie Babynestchen geholt aber das fanden sie gar nicht so gut und waren sehr unruhig. Sie mussten sich gegenseitig spüren. Eigentlich logisch: sie haben so viele Monate miteinander im engsten Raum verbracht. So ganz alleine sind sie dann verunsichert.
Es darf auch nicht zu leise sein. Sobald es sehr leise wurde, wurden sie unruhig. Reden, Musik oder sonstige Alltagsgeräusche haben sehr gut funktioniert. Nachts haben wir dann diverse White-Noise Playlists auf Spotify hoch und runter gespielt.
Tipp: Wenn es geht, eine Nacht im Spital durchgehend mit den Kleinen im Zimmer verbringen um Eigenheiten kennenzulernen und sich mit den neuen Geräuschen vertraut zu machen. Im Spital kann man noch um Hilfe klingeln, zu Hause dann nicht mehr. Nutzt dieses Testfeld.
Hebamme
Kurz nach unserer Ankunft Zuhause ist auch die Hebamme gekommen. Eine wunderbare Frau. Ehrlich, direkt, respektvoll, einfühlsam und sehr empathisch.
Sucht euch also unbedingt eine Hebamme. Am besten ihr lernt sie vorher kennen, denn sie wird Einblick in sehr intime Momente haben.
Tipp: Rollen aufteilen während der Hebammenbesuche. Jemand fragt, andere Person notiert.
Jacky und ich benutzen Apple’s “Notes” um im Vorfeld gewisse Fragen, Anmerkungen und Beobachtungen zu notieren und später mit der Hebamme durchzugehen.
Die Schichtarbeit
Viele fragen uns: Schlaft ihr überhaupt noch?
Ehrliche Antwort: immer mehr!
Zuerst waren wir immer zusammen am Start. Wenn die Kids kamen, waren wir beide ready.
Das ist kurzfristig empfehlenswert, da man sich so gegenseitig unterstützen und voneinander lernen kann. Das baut Selbstvertrauen aber auch Vertrauen in den Partner, die Partnerin auf, da man sieht, wie die Babies umsorgt werden. Aber das sollte man nicht länger als eine Woche machen, sonst sind beide Elternteile immer sehr müde.
Anschliessend haben wir die Babies untereinander aufgeteilt. In der einen Nacht hatte ich Milas, in der anderen Dante. Aber auch das war keine gute Idee, da erneut immer beide Elternteile wachen werden, um herauszufinden, welches Baby sich da gerade gemeldet hat.
Dann kam der Tipp von der Hebamme, die Nacht in Schichten aufzuteilen, um zu mehr Schlaf am Stück zu kommen. Im ersten Moment hatten wir beide Respekt davor, in der Nacht sich jeweils alleine um beide Babies zu kümmern, jedoch hat sich das als sehr unproblematisch herausgestellt und war die beste Idee ever.
Jacky hatte “Dienst” bis ca. 04:00 Uhr und ab da habe ich dann übernommen.
Im Kinderzimmer haben wir ein Whiteboard auf dem wir die Happenings der Nacht aufschreiben: dann wurde so und so viel ml Milch gegeben, der hat gestuhlt usw. So weiss ich gleich was Sache ist ohne Jacky aufwecken zu müssen.
Tipp: Schreibt alles auf, denn Erinnerungslücken sind garantiert. Uns und auch der Hebamme reichte immer ein kurzer Blick auf unser „Babydashboard“. So erkannten wir auch schneller ihre Muster.
2 Wochen sind nicht genug
Bei uns in der Agentur haben Frauen 16 statt die gesetzlichen 14 Wochen Elternzeit und Männer 4 statt 2 Wochen.
Ich kann mit nicht vorstellen, dass man bis vor Kurzem noch 2 Tage Elternzeit für frisch gewordene Papas hatte. Auch die neuen 2 Wochen sind meiner Meinung nach zu wenig, aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.
Die Babies zu umsorgen ist keine Hexerei: füttern, wickeln, schlafen lassen, sie beobachten und ihre Eigenheiten in den Nuancen ihrer Bewegungen und ihrem Ton kennenlernen und ganz viel Liebe schenken.
Was allerdings fast schon wichtiger ist: wie geht es den neuen Eltern? Wie handhaben sie das Ganze? Wie fühlen sie sich? Was geht in ihnen vor? Deshalb finde ich die Bezeichnung “Elternzeit” sehr treffend. Ich habe meine Partnerin neu kennengelernt und ich bin froh, durfte ich den Start in ein neues, persönliches Kapitel direkt miterleben.
Wir konnten uns so in den neuen, zusätzlichen Rollen als Mama und Papa kennenlernen. Was bedeutet es Eltern und ein Paar zu sein?
Weiter hat sich eine Vermutung bestätigt: dass mein Team bei der Arbeit aus wunderbaren Menschen besteht. Sie haben mir den Rücken freigehalten und alles gemanagt. Das werde ich ihnen nie vergessen.
Meiner Meinung nach sollten beide Elternteile 6 Monate Elternzeit kriegen, die letzten 3 Monate frei einteilbar. So kann man in die Arbeitswelt Stück für Stück wieder zurückkommen (falls man möchte) und sich auch daran gewöhnen, denn wenn mindestens einer von beiden wieder anfängt zu arbeiten ändern sich die Routinen wieder.
Zurück im Job
Das hört sich jetzt vielleicht ein wenig komisch an, aber ich arbeite wirklich sehr gerne.
So sehr, dass ich 2019 meine eigene Firma gegründet habe. Deshalb habe ich mich darauf gefreut wieder zurückzukommen. Doch ein grosser Teil von mir wollte nicht. Ich fand die Elternzeit ziemlich cool. Habe auf die Kinder aufgepasst, viel gekocht, Sport gemacht, mit Jacky geredet, kleine Schläfchen abgehalten.
Wir führen die Schichtarbeit weiterhin, was allerdings bedeutet, dass ich meistens um 16:00 Uhr so richtig müde bin. Dafür fange ich viel früher an zu arbeiten, was auch seine guten Seiten hat, wenn man 2 Stunden ungestört arbeiten kann, nachdem ich die Babies gefüttert, gewickelt und sie mit Papa-Love überhäuft habe.
Da ich mehrheitlich von Zuhause aus arbeite, sehe ich die Babies zum Glück sehr oft. Ich möchte ihr erstes Wort, ihr erstes Krabbeln, ihre ersten Schritte nicht verpassen. Wie oft erlebt man denn sowas schon im Leben?
Als working Dad ist es für mich aber auch nicht ganz einfach zwischen beruflichen und familiären Verpflichtungen zu entscheiden, da die beruflichen Verpflichtungen in meiner Rolle als CEO grössere Auswirkungen auf das gesamte Team sowie unsere Kunden haben. Deshalb ist es sehr wichtig, dass man miteinander kommuniziert: mit dem Team im Büro und mit dem Team zuhause. Wie man schon bemerkt hat, bin ich sehr offen in der Kommunikation. Das hat sich immer als sehr vorteilhaft erwiesen.
Tipp: den Google, Apple oder Outlook Kalender dem/r Partner:in freigeben. Privates auch eintragen (muss ja nicht sichtbar für alle sein) aber so wissen alle, wann etwas los ist. So sind alle immer up-to-date und man hat nicht lästige Terminfindungsgespräche. So kann nicht nur besser geplant, sondern auch aufeinander eingegangen werden.
Okay, let’s gooo!
“Die Zeit geht schnell vorbei!” sagen viele. Mag sein. Doch viele verpassen die Momente, weil sie an die Vergangenheit oder an die Zukunft denken.
Egal in welchem Tempo man lebt, ist es wichtig den Moment wahrzunehmen und so gut es geht im Hier und Jetzt zu sein – besonders bei zwischenmenschlichen Interaktionen, angefangen von den Babies, zur Partnerin und zu den Teammitgliedern. Die Zeit wird dadurch nicht langsamer, aber die Wahrnehmung davon schon.
Auf die nächsten 3 Monate und beyond! Ich freue mich auf jeden einzelnen Tag.